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Max
Schefter (Gottlobsbauer) in Laubnitz
Brief
aus dem Januar 1946 an Justus Benzler, vormals Laubnitz Nr. 104
Briesen,
den 31. Januar 1946 |
Lieber
Herr Benzler,
Sehr
gefreut haben wir uns Laubnitzer, dass wir eine Nachricht von
Ihnen erhalten haben, wir sind Ihnen sehr dankbar dafür. Nun
will ich Ihnen eine Wenigkeit mitteilen, was wir hier machen.
Was haben wir alles erlebt, seitdem wir das letzte Mal
zusammen waren, und wenn ich so nachdenke, hatten Sie schon
Ahnung, dass es so kommen würde.
Es wird nun bald ein Jahr,
als die Russen in unsere Heimat kamen. Wie haben Sie uns
ausgeräubert, alles weggenommen, was irgend möglich war. Als
aber am 23. Juni die Polen kamen und schmissen uns raus, das
war das Schlimmste, was es geben konnte.. All unser Hab und
Gut, was wir irgend noch hatten, das wurde uns noch
weggenommen. Nun sind wir verarmt und haben kaum noch was
anzuziehen. Schwerkrank war unser Enkelkind, als uns die Polen
rausgeschmissen haben, nachdem wir nach langer Reise während
der Nacht draußen unter freiem Himmel gerastet haben. Wie
sollte das unser krankes Kind aushalten! Wir haben alles
getan, um das Kind zu erhalten. Am 28. Juni 1945 hat ihn Gott
durch einen sanften Tod aus diesem Erdenleben erlöst und
wieder zu sich genommen. Wir haben ihn in Adl. Dubrau
beerdigt.
Wir sind hier in dem Ort mit meiner Frau und
Schwiegertochter zusammen. Von unserm Sohn haben wir die
letzte Nachricht voriges Jahr vom 10. Januar erhalten. Nachdem
hatten wir von einem Kameraden Nachricht, dass er in
Oberschlesien mit ihm beisammen war. Später haben wir
Nachricht erhalten, dass er bei Breslau in russischer
Gefangenschaft wäre. Dort in dem Lager waren vom Volkssturm
aus Witzen zwei Mann mit ihm beisammen, die wurden am 4.
September 45 entlassen und haben uns benachrichtigt, dass er
gesund wäre, er müsste noch dort bleiben. Seitdem haben wir
nichts mehr von ihm erfahren. Nun sind unsere Gedanken, was mag er wohl machen, kommt er bald nach Hause.
Im August war
Schölzke von Syrau hier (Ortsbauernführer), der war mit Ende
Schmidts Erich in Pirna beisammen, er wurde krankheitshalber
entlassen, und Schmidts Erich wurde weiter geschafft nach dem
Osten. Wer hätte das wohl gedacht, das Sie und Ihre Söhne
noch soviel vom Kriege mitmachen mussten. Aber Sie haben die
Gewissheit, dass sie gesundheitlich alles durchgehalten haben,
und dass Sie mit Ihrer Familie wieder beisammen sein können.
Leider ist es traurig, dass Euer ältester Sohn noch nicht
zurück gekommen ist. Es ist so, wie Sie schreiben, dass viele
kein Lebenszeichen mehr geben, weil sie ein Opfer dieses
blödsinnigsten aller Kriege geworden sind.
Wir waren 31
Laubnitzer, als wir hier nach Briesen wanderten. Davon sind
hier gestorben: Kaulfers Herrmann, 8 Tage später seine Frau.
Ende Oktober Paul Jentsch seine Frau. Die Tochter von Paul
Jentsch (Lene) liegt jetzt schwerkrank heut hier noch in
Briesen.. Die soll nach Cottbus ins Krankenhaus gebracht
werden. Das Krankenauto sollte gestern schon kommen, aber
leider wieder noch nicht. Vergangene Nacht war Schefter Frieda
bei ihr Nachtwache. Hier in der Umgebung sind noch Laubnitzer
gestorben: Julius Lehman (Gottholds); die Frau und
Schwiegertochter wollten, da er schwer krank war, noch mit ihm
nach Laubnitz fahren, aber sind nur bis Klinge gekommen. Dort
ist er gestorben und beerdigt. Von dort kamen sie zurück hier
nach Briesen, sind aber später wieder nach Laubnitz gefahren
und sollen heut noch dort sein. Außerdem die beiden alten
Schulzes Leute, die mal bei uns gewohnt haben, sind in Cottbus
gestorben. Vater Heinze, der beim Schumacher wohnte, Emma
Meissner (Schulblobel), Frau Proch geb. Ziesche, Paul Apelt,
die neben uns wohnten, Emma Sündermann, Rudolf Rieger und
seine Frau. Dass Paul Jentsch und meine beiden Schwager Max
und Paul Stahn von den Russen erschossen wurden, werden Sie
wohl schon erfahren haben.
Nun noch etwas von unserm
Heimatort. Ich war das letzte Mal Anfang August in Laubnitz,
bei mir durfte ich noch nicht in den Hof. In meiner Wirtschaft
war im April große Autoreparaturwerkstatt. Tag und Nacht
standen Wachtposten. Da haben sie alle Schrauben von den
Maschinen abgeschraubt, die Geräte - alles rausgeschmissen.
Als die weggemacht waren, mussten die Laubnitzer alles reine
machen, und es kam ein Munitionslager in meine Scheune. Da
durfte auch nicht das Geringste vom Wirtschaftlichen im Hofe
und in den Gebäuden bleiben, alles lag draußen auf dem
Felde. In der Scheune lagen Hunderte von Maschinen und viel
Munition. Im Garten standen Geschütze. Da hatten sie viel
junge Tannen aus dem Walde geholt, und im Garten war ein
richtiger Wald aufgestellt. Und nun wohnen die Polen dort. In
meiner Wirtschaft ist die Kugelmüllern Wirtschafterin und
Feld-Martins Schefter war auch dort tätig. Im September war
Alfred Lehmann (Schmidtbauer) bei den Polen in meiner
Wirtschaft als Kutscher, ist aber ausgerückt und kam nach
Cottbus zu seiner Familie. Er hat mir die Wirtschafterei etwas
geschildert. Auf dem Acker wurde soviel wie gar nichts
bestellt. Kartoffeln hatten die Russen im Frühjahr stecken
lassen, die haben sie rausgemacht. Unserer Schwiegertochter
ihr Bruder war in der Hagmühle bei den Polen als Kutscher,
ist auch ausgerückt und ist jetzt hier in der Nähe in
Kolkwitz. Wie wir nun erfahren, haben die Polen den
Feldmartins Schefter so schwer misshandelt, dass er gestorben
ist. Seine Frau mit 5 Kindern und die Frau Schrott, die immer
noch in Laubnitz war, ist auch mitgekommen. Die sind jetzt in
Cottbus im Lager. Blobel Paul und Schefter Max Nr. 102, denen
soll es auch sehr schlecht gehen dort. Rieger Hermanns und
Ersels machten im Sommer auch von hier aus nach Laubnitz. Den
Frauen soll es auch nicht gut gehen.
Walter
Max war nicht in Ihrer Wirtschaft. Seine Frau hat mal dort
gewohnt, wie das Vieh auf Ihrem Hofe untergebracht war. Davon
werde ich nicht viel schreiben. Ich habe soeben mit seiner
Frau gesprochen, die werden Ihnen selber schreiben. Walter Max
ist jetzt in Cottbus auf dem Bahnhof beschäftigt. Seine Frau
sagte, er wird mal bei mir vorbeikommen, wenn er zu Hause wird
kommen. Unsere Schwiegertochter fährt jetzt auch nach Cottbus
auf Arbeit. Die fahren mit der Bahn, es passt morgens und
abends hin und zurück.
Wir
alten Leute haben hier wenig Arbeit. Die Wirtschaften sind
nicht groß. Nun wird hier das Gut, welches Freiherr von
Wackerbarth gehörig ist, aufgeteilt. Das Gut ist ungefähr
2000 Morgen groß, davon 1200 Morgen Wald und 800 Morgen Acker
und Wiese. Das Gut hier ist liederlich bewirtschaftet worden.
Ich war den einen Tag mit helfen vermessen. Ich sprach mit dem
Vermesser, wo wir unser Land bekommen, wenn wir hierbleiben
müssen. Er sagte mir, hier können wir nichts bekommen, es
reicht für hiesige Besitzer nicht aus. Es werden hier wieder
kleine Flächen zurecht gemacht in Form eines Handtuchs. Ich
möchte auch nicht hierbleiben, die Leute haben wenig
Interesse für uns.
Nun
lieber Herr Benzler, wir sind hierher geschickt worden, was
wird nun weiter mit uns und allen hiesigen Laubnitzern? Hier
ist alles überfüllt. Es tauchen immer wieder neue Parolen
auf, dass wir bald werden zurückkehren in unsere alte Heimat.
Wenn wir auch nicht mehr viel werden finden in unsere
Wirtschaften, die Hauptsache ist, wir haben unsern Grund und
Boden wieder und können auf eigener Scholle wirtschaften.
Soll das alles umsonst gewesen sein, und jetzt stehen wir im
Alter und haben nichts und niemand gibt uns was. In der
Hoffnung auf ein Wiedersehen in der Heimat grüßen Sie und
Ihre Familie und Schwager
Familie
Max Schefter
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